Mittwoch, 27. Februar 2013

Dschungelbuch

Nach langem Zaudern, Zögern und auch ein bisschen Zanken entschieden wir uns schließlich für eine Trekkingtour, bei der man den ganzen Tag (sprich: vier Stunden) in einem Nationalpark durch dichten Dschungel laufen sollte, ohne Bambusstammfloßfahren, Wildwasserrafting oder Orchideenplantagen. Nur ein bisschen Baden unter Wasserfällen stand auf dem Programm und natürlich der Besuch etlicher Bergvölker.

Der Veranstalter preist diese Tour, die er in sämtlichen Hotels von Chiang Mai anbietet, als garantiert nicht-touristisch an und er verspricht Wandern jenseits der ausgetretenen Pfade. Unsere Mitwanderer, so stellten wir uns vor, würden allesamt den Bergvölkern angehören, vielleicht noch ein paar Städter aus Chiang Mai. Sicher haben die auch Stress und müssen sich sonntags mal beim Wandern erholen.

Der Schatz bestand darauf, sich streng an die Empfehlungen für Wandertouren im Führer zu halten. Wir mussten die ganze Stadt nach Regencapes absuchen, obwohl seit unserer Ankunft erst einmal geregnet hat, packten vier Tagesrationen Wasser ein und ein Schweizer Messer. Trotzdem waren wir in Panik, weil wir weder Tropenhelme noch Macheten hatten. Dafür versprach der Schatz im Kapitänsanzug mit Mütze aufzutreten, falls wir trotz mangelnder Segelkenntnisse doch einmal bei der Segeltour teilnehmen, die sie alljährlich im Büro organisieren.

Im Minibus kündigte der Führer nach einem jovialen "Guten Morgen allerseits" an, dass wir jetzt ins Elefenatencamp fahren würden. Wir sprangen mit wildem Protestgeheul auf und wollten sofort den Bus verlassen, bis uns der Führer mit dramatischem Händeringen und "Sooorry, sooorry, soooorry" beruhigte und versicherte, wir würden später in einen anderen Bus umgeladen werde, um zu wandern. Auf dem Rest der Busreise erkundigte sich alle fünf Minuten einer der Mitreisenden danch, ob wir uns denn auch sehr auf die Elefanten freuten, worauf systematisch alle anderen in dröhnendes Gelächter ausbrachen und sich vor Vergnügen auf die Schenkel klopften.

Am Elefantcamp hatten wir immerhin Gelegenheit, die Dickhäuter zu fotografieren. Müssen wir zu Hause ja niemandem sagen, dass wir nicht drauf geritten sind. Auch ihr Fußballfeld konnten wir bewundern, allerdings war gerade Trainingspause.

Irgendwie gelang es dem Minibusfahrer schließlich einen Führer herbei zu improvisieren, Mitwanderer allerdings nicht. Offenbar ist die Tour so nicht-touristisch, dass sie niemand unternehmen will. Wir wurden in einen verbeulten Pick-up-Truck geladen, bei dem das Lenkrad jeden Moment abzufallen drohte, und im nächsten Dorf ging die Wanderung los. Von Dschungeltrekking konnte allerdings keine Rede sein, ich würde es eher Lustwandeln durch verschiedene Kulturlandschaften nennen. Es ging vorbei an Mais- und Reisfeldern durch etliche Dörfer mit Hühnern, Schweinen und Pfahlbauten, die mal die Moew und mal die Karem gebaut hatten. Was zunächst so klang wie ein lustiges kleines Bächlein entpuppte sich als Bewässerungsanlage, die die Dorfbewohner vor einigen Jahren betoniert hatten. Seither funktioniert sie besser erklärte unser Führer, der uns auch durch Bananenstauden führte, wahrscheinlich um Dschungelfeeling aufkommen zu lassen. Mit seinen Erklärungen der örtlichen Pflanzen, Fortbewegung im Schneckentempo und zahlreichen Pausen, in denen er mit Bananenblättern selbstgedrehte Zigaretten rauchte, gelang es ihm auch, die versprochenen vier Stunden vollzubekommen. Immerhin lernten wir einiges, probierten Tamarind vom Baum und sahen Lychees und Ananas wachsen.

Auch die Besuche bei Bergvölker entpuppten sich als relativ schonend. Meistens spazierten wir nur durch ihr Dorf und ja, natürlich kauften wir ihnen eine Kette und allerlei Tücher ab. Nur als unser Führer uns in eines ihrer Häuser lockte, um ihre Betten und die Feuerstelle zu bewundern, kamen wir uns komisch vor. Wir versuchen uns vorzustellen, dass es eine Attrappe war. Den Besuch im Wohnzimmer einer zweiten Bergvolkfamilie, um mit ihnen Thai-Boxen im Fernsehen anzugucken, lehnten wir aus mangelndem Interesse an dem Sport ab.

Auf der Rückfahrt zeigten uns die Elefanten-Dompteure Fotos davon, wir ihr Elefant sie mit dem Rüssel hochgehoben und auf seinen Rücken gesetzt hatte und wir erzählten von unseren Kämpfen gegen giftige Schlangen und wilde Tiger.

Zurück in Chiang Mai landeten wir am Abend in der Jazz Kooperative The North Gate, wo langhaarige Thais mit ihrer Interpretation von Robert Cray mehr Expats als Einheimische in Begeisterung versetzten. Das war mit Abstand das wildeste und authenstischste Erlebnis des Tages.


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